Close

4. April 2020

Haflinger

DER PUCH HAFLINGER

 

 Haflinger 600AP      2320-0-200-0013

glLKW Haflinger 700AP      2320-0-200-0021

glFMKW Haflinger 700AP  2320-0-300-0028

 

Mit diesem Fahrzeug wurde die alte Tradition der Steyr-Daimler-Puch AG des Baues von geländegängigen Fahrzeugen nicht nur fortgeführt, sondern ein neuer Fahrzeugtyp geschaffen, der durch seine extreme Geländegängigkeit in schwerstem und weglosem Gelände weltweit Anerkennung gefunden hat. Der Haflinger wurde zwar für die Verwendung im Gebirge konstruiert, doch finden wir ihn genauso in den Wüsten Arabiens, im Dschungel von Indonesien und Afrika. Er wurde in viele Staaten der Erde exportiert. Mit ihm wurde einigemale die Nubische Wüste wie auch die Sahara durchquert.

 

1961 wurde bei der Österreichischen Andenexpedition mit einem Haflinger der Höhenweltrekord für Automobile von 5680 m aufgestellt.

Extrem schmal und wendig bewegt er sich noch über Pfade und Steige, wo ihm kein anderes Fahrzeug folgen kann.

 

Wie kam es zu diesem interessanten Fahrzeug?

Projekt Nummer:      700 und 701, mit langem Radstand 703

Als Österreich 1956 seine Unabhängigkeit wiedererlangte wurde seine Armee, das Österreichische Bundesheer, mit Fahrzeugen der ehemaligen Besatzungstruppen ausgerüstet. Dies waren bis auf einige wenige Fahrzeuge fast ausschließlich US-Fahrzeuge. Man suchte daher sehr bald nach einem Ersatz für dieses Gerät, das ja schon einige Meilen hinter sich hatte.

Als Ersatz für den legendären Jeep wurde ein kleines, für die geländemäßigen Gegebenheiten Österreichs geeignetes Fahrzeug ins Auge gefaßt.

Dr. Erich LEDWINKA, der Chefingenieur der Steyr-Daimler-Puch AG, schuf gegen Ende der 50er-Jahre ein Geländefahrzeug, welches sich grundsätzlich von allen anderen Fahrzeugen unterschied. Der Boxermotor des von ihm 1955 konstruierten Pkw Puch 500 wurde auf 643 cm³ vergrößert, um für den Haflinger geeignet zu sein. Er wurde später auch im 650T, 700C u. E sowie beim Stabilmotor verwendet.

In Zusammenarbeit mit dem Amt für Wehrtechnik, Abteilung Maschinenwesen, wurde der LKW Puch 700AP (wobei AP für Allrad-Plateau stand) in seinen verschiedenen Variationen , offen, geschlossen, als Waffenträger, als Träger für den Feldkochherd M 58 H entwickelt und getestet. Die letzte Spezialentwicklung war dann der Funk-Haflinger.

Das Rückgrat des Haflinger bildet ein Zentralrohrrahmen, an dessen Enden die Antriebsgehäuse befestigt sind. Daran sind die Pendelhalbachsen angebaut. Die Achsen sind als Portalachsen ausgebildet. Die Federung erfolgt über Schraubenfedern und innen liegenden Gummihohlfedern.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Fgst-1024x640.jpg

Der Aufbau ist eine Plattform aus profilgepreßtem, stark versickten Stahlblechen und Längsträgern mit rundumlaufender Randverstärkung .

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Platform-1024x568.jpeg

Das Fahrzeug hat vier Vorwärts- und einen Rückwärtsgang, der Vorderradantrieb ist zuschaltbar, außerdem können beide Achsen gesperrt werden. Der 2-Zylinder-Boxermotor leistet aus 643 cm3 Hubraum 22 PS.

Der Prototyp wurde anläßlich der Frankfurter Automobilausstellung erstmals vorgestellt. Im Juni 1958 erschienen die ersten Bilder des Prototyps in der Österreichischen Presse. Im August 1958 kaufte das ÖBH drei Prototypen(von 8) zur Erprobung.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist hafi-bremstest.jpg

Eine Bremsprobe bei der Erprobung.

Im September 1959 erfolgte die Präsentation der Serienausführung in der Öffentlichkeit. Eine Vorserie von zehn Stück wurde 1960 vom Österreichischen Bundesheer beschafft und lief damals noch unter der Typenbezeichnung „Puch-Haflinger 600 AP“. Der Haflinger hat sich im Truppengebrauch bewährt und wurde daher in größerer Stückzahl nachbeschafft. Er lief als geländegängiger Lastkraftwagen in der Verwendung als Kommando- und Truppenfahrzeug.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist W162637-1024x554.jpg

Nach einer Vorserie von 10 Stück wurden am 25. März 1960 die ersten 100 Haflinger vom damaligen Verteidigungsminister GRAF feierlich übernommen.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist 600AP-1-1024x724.jpg

Im Bild: Bundeskanzler A. Gorbach, Verteidigungsminister Graf u, Landeshptm. Krainer

Bei der Parade am 14. Mai 1960 anläßlich der Feiern „5 Jahre Staatsvertrag“ wurde der Haflinger als Militärfahrzeug erstmals der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Aus dieser Zeit gibt es auch Bilddokumente, aus denen zu ersehen ist, daß dieses kleine Auto auch als „Staatskarosse“ für Staatsgäste – wie dem Schah von Persien oder dem US Verteidigungsminister Thomas S. GATES – verwendet wurde.

Hier der Schah von Persien.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Thomas-S-GATES-Mai-1960.jpg

Der US Verteidigungsminister Thomas Gates, 1960

Die Deutsche Bundeswehr erprobte 45 Fahrzeuge für die Luftlande- und Gebirgsjäger-Truppe. Es handelte sich dabei um 5 Pritschenversionen und 40 Personentransporter. Zu einer größeren Beschaffung durch die Bundeswehr kam es aber nicht.

1966 kaufte die Australische Armee 50 Haflinger.

Das Bundesheer kauft in Summe 2.918 Stück an.

Die Heeresbezeichnung beim Bundesheer war:

Geländegängiger Lastkraftwagen, B, (Puch Haflinger 700 AP)

Geländegängiger Fernmeldekraftwagen, B, (Funk-Haflinger 700 AP)

 

Die Kurzbezeichnung lautete:

gl LKW (Haflinger 700 AP)

gl FMKW (Funk-Haflinger 700 AP)

 

Die Heeresausführung war mit zwei Klappsitzen hinten, mit kurzen Bordwänden, insgesamt 4 Türen (Rohrrahmen mit Planenstoff überzogen) und einer Trennwand zum Fahrerabteil ausgerüstet. Zur Ausstattung gehörten das große Verdeck mit schräger Rückwand, Tarnscheinwerfer, zwei Gewehrhalter für je 2 Sturmgewehre 58, Winkerkelle, Verbandkasten mit Halter, Kartenlicht und Spaten. Eine Besonderheit waren die Reifen. Diese wurden von Semperit speziell für das Fahrzeug konstruiert. Die Konzeption mit einer hohen durchlaufenden Querrippe war genial.

image044.jpg

Der Haflinger besticht durch seine außergewöhnliche Geländegängigkeit und Wendigkeit:

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist BeaGd6.jpg

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist BeaGd1.jpg

Radstand 1.500 mm, Länge 2.830 mm und Wendekreisdurchmesser 8 m.

 Um die Transportkapazität zu erweitern  wurde ein Einachsanhänger entwickelt und erprobt, letztendlich aber nicht eingeführt.

Der Puch Haflinger 700 AP/2, wie der geländegängige Fernmeldekraftwagen (FMKW), B, hieß, hatte bei der Truppe nur die Kurzbezeichnung Funk-Haflinger . Für diesen Einsatz hatte er neben der normalen 42 Ah-Batterie eine weitere Batterie mit 105 Ah eingebaut. Die Stromversorgung erfolgte über eine vom Nebenantrieb angetriebene Uher-Lichtmaschine. Diese Ausführung hatte neben der Funkausrüstung nur 3 Mann Besatzung. Die Nutzlast war auf 340 kg herabgesetzt.

Großer Funksprechtrupp                       AN/VRQ -1 [i]

                                                           AN/VRQ -2

                                                           AN/VRQ -3

AN/VRQ – 1 bis 3

            2 S/E                                     RT-66  oder 87 oder 68

            2 Stromversorgungen          PP-109

            1 Bediengerät                      C-375/VRC

            1 Durchschaltgerät               C-435/GRC

            1 Fernbedienungssatz         AN/GRA-6

                        1 Ortsbediengerät    C-434/GRC

                        1 Fernbediengerät   C-433/GRC

            2 Stabantenne

Truppstärke 1/1/1

 

Großer Funksprechtrupp                       AN/VRC-8 [ii]

                                                           AN/VRC-9

                                                           AN/VRC-10

AN/VRC- 8 bis 10

            1 S/E                                      RT-66  oder 87 oder 68

            1 Stromversorgungen          PP-109

            1 Stabantenne

Truppstärke 1/1/1

 

Großer Funksprechtrupp                       AN/GRC-3 [iii]

                                                           AN/GRC-5

                                                           AN/GRC-7

 

            1 S/E                                     RT-66  oder 87 oder 68

            1 S/E                                     RT – 70

1 E                                         R 108 oder R 109 oder R 110

1 Verstärker                         AM-65

            1 Stromversorgungen          PP-109

            1 Bediengerät                      C-375/VRC

            1 Durchschaltgerät               C-435/GRC

            1 Fernbedienungssatz         AN/GRA-6

                        1 Ortsbediengerät    C-434/GRC

                        1 Fernbediengerät   C-433/GRC

            2 Stabantenne

 

 

 

Leichter Richtverbindungstrupp VFF-1-0 [iv]

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Vff-1k-621x1024.jpg

Hauptbestandteile:

            1          Sender-Empfänger SE-2

            1          Modulator MX V 641 D

            1          Zubehörkoffer MXE 641

            1          Antennenausrüstung

            2          Maschinensätze MS-1-0

            1          Durchschaltgerät DU-1-0

2 Richtverbindungssätze VFF-1 zusammengeschaltet ergeben eine Relaisstelle.

Fahrzeugstände Funkhaflinger beim ÖBH waren:

1965      350

1966      350

1967      350

1968      350

 

Eine verstärkte Serie „H 2“ war vom Werk geplant, wurde aber zugunsten des Puch G aufgegeben. Dafür wurden bereits 2 Motor-Prototypen entwickelt. Nämlich 1967 der Motortyp 752: Ein Vierzylinder-Boxermotor mit 1300 cm³. 56 PS bei 5500 U/min und 1972 der Motortyp 706: Ein Zweizylinder-Boxermotor mit 750 cm³

38 PS bei 6000 U/min und Ritzelstarter.

Die Produktion des Puch Haflingers, die zur Gänze im Werk Graz Thondorf der Steyr-Daimler-Puch AG stattfand, wurde nach 16.647 gebauten Exemplaren 1974 eingestellt. Mehr als 80 Prozent der Produktion wurde exportiert.

 

Der Preis des Fahrzeuges in der Grundausführung betrug:

1963   öS  42.250,–

1965   öS  55.150,–

1968   öS  61.880,–

1973   öS  81.954,-

 

Neben dem Österreichischen Bundesheer wurde er bei der Schweizer ( 4535 Stück)  und der Jugoslawischen Armee in größerer Zahl, aber auch von der Armeen Australiens (50), Italiens, Nigeria, Schweden und Indonesien (1000) eingesetzt. Das ÖBH schaffte Haflinger nur von 1959-1964 an, während die Schweizer Armee während der gesamten Bauzeit zukaufte.

 

Heute ist der Haflinger ein begehrtes Sammlerobjekt. Sowohl in Österreich als auch im Ausland gibt es eine ganze Reihe von Sammlern, die sich diesem kleinen geländegängigen Fahrzeug widmen. So existiert zum Beispiel in Großbritannien der Haflinger 4wheel Drive Club mit über 30 Mitgliedern.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist 20150714003117-10927fca-1024x683.jpg

Techn. Daten der ÖBH-Ausführung.

 

MOTOR:                               Zweizyl. Viertakt-Boxermotor, luftgekühlt

Hubraum:                              643 ccm

Leistung:                               22 PS bei 4500 U/min (FMKW: 24 PS)  Elektrische Anlage: Batteriezündung,                         Batterie 12 V/42 Ah

                                               Zündkerzen Bosch W 225 T1

 

KUPPLUNG:                                  Einscheiben Trockenkupplung

GETRIEBE:                         vier Vorwärtsgänge (sperrsynchronisiert),

                                               ein Rückwärtsgang

RÄDER UND REIFEN:     Scheibenräder mit Felgen 3,50 x 12

                                               Reifen 145-12

                                               Luftdruck vorn u. hinten: 1,4 – 1,6 atü

 

HAUPTABMESSUNGEN:                                                                      FMKW

Radstand:                             1500 mm

Spurweite:                             1130 mm

Länge:                                   2830 mm                                          2845 mm

Breite:                                               1400 mm

Höhe m. Plane:                     1740 mm                                          1820 mm

Wattiefe:                                350 mm

  für kurze Fahrten:               500 mm

Wendekreisradius:              3,95 m

Bodenfreiheit:                       240 mm

Überhangwinkel                   vorn   45 °

                                               hinten 40 °

 

GEWICHTE:

Eigengewicht:                       610 kg                                              820 kg

Nutzlast:                                 400 kg                                              340 kg

Gesamtgewicht:                   1010 kg                                             1160 kg

 

FAHRLEISTUNGEN:

Höchstgeschwindigkeit:      58 km/h

Kleinste Dauergeschw.:      3,3 km/h

Größte Steigfähigkeit:         58 %

Fahrbereich:                         250 km                                             275 km

 

 

 

Reifen 145 – 12

Semperit Type: M

Muster: M 149C

Vers. Nr. 2610-0-998-9976

                       

Quellen:

Typenblatt                  B01

Typenblatt                  B02

Fermeldetypenblatt  B5

                                   B6

                                   C5

Bestandteillisten       Teil I                                       Okt 1968                   7610-50012-01-1068

Teil II                                      Okt 1968                   7610-50012-02-1068

Ersatzteilkatalog                                                      August 1961

Juni 1967

1970

 

Reparaturanleitung Haflinger 700AP

Ergänzung Reparaturanleitung Haflinger 700AP

Zusatz-Ersatzteilkatalog Funkhaflinger                 Feber 1964               7610-50083-0264

Beschreibung und Bedienungsanleitung in mind. 6 Auflagen

Zusatz -Beschreibung und Bedienungsanleitung Funkhaflinger

Technische Mitteilungen KD/

 

Unterrichtsbehelf

glLKW (Haflinger 700AP

gl FMKW (Funk-Haflinger 700 AP)                                              SK 62911/27-1

 

TR 2540/5-2              Techn. Reparaturanweisung für Standheizungs- u. Belüftungsgeräte

 

AN 1938                    Puch Automobile, S202ff

AN 1130                    Kraftfahrzeuge und Panzer des Österr. Heeres, S 289ff

AN 1185                    Die Räderfahrzeuge des österr. Bundesheeres S188ff

 

Artikel in Markt 11/90 Seite 195

Bofors rPak   TD 4/63 S 301

PAL                TD 3/64 S 204

TelAnh.           TD 4/64 S 319

BANTAM       TD 5/64 S 432

Unser Heer 300 Jahre S 512

 

Zusammengestellt von
Dr. Josef NEMETH
Esterhazystraße 36
A 7000 Eisenstadt
nemeth-josef@bkf.at
im Jänner 2011,

Überarbeitet und mit weiteren Fotos ergänzt im April 2020.

Quellen:

[i] FM Typenblatt B 5

[ii] FM Typenblatt B 6

[iii] Dienst im Bundesheer S 431

[iv] FM Typenblatt C5

Hier noch einige Fotos vom Haflinger
image038.jpg

4. April 2020