Haflinger
DER PUCH HAFLINGER
Haflinger 600AP 2320-0-200-0013
glLKW Haflinger 700AP 2320-0-200-0021
glFMKW Haflinger 700AP 2320-0-300-0028
Mit diesem Fahrzeug wurde die alte Tradition der Steyr-Daimler-Puch AG des Baues von geländegängigen Fahrzeugen nicht nur fortgeführt, sondern ein neuer Fahrzeugtyp geschaffen, der durch seine extreme Geländegängigkeit in schwerstem und weglosem Gelände weltweit Anerkennung gefunden hat. Der Haflinger wurde zwar für die Verwendung im Gebirge konstruiert, doch finden wir ihn genauso in den Wüsten Arabiens, im Dschungel von Indonesien und Afrika. Er wurde in viele Staaten der Erde exportiert. Mit ihm wurde einigemale die Nubische Wüste wie auch die Sahara durchquert.
1961 wurde bei der Österreichischen Andenexpedition mit einem Haflinger der Höhenweltrekord für Automobile von 5680 m aufgestellt.
Extrem schmal und wendig bewegt er sich noch über Pfade und Steige, wo ihm kein anderes Fahrzeug folgen kann.
Wie kam es zu diesem interessanten Fahrzeug?
Projekt Nummer: 700 und 701, mit langem Radstand 703
Als Österreich 1956 seine Unabhängigkeit wiedererlangte wurde seine Armee, das Österreichische Bundesheer, mit Fahrzeugen der ehemaligen Besatzungstruppen ausgerüstet. Dies waren bis auf einige wenige Fahrzeuge fast ausschließlich US-Fahrzeuge. Man suchte daher sehr bald nach einem Ersatz für dieses Gerät, das ja schon einige Meilen hinter sich hatte.
Als Ersatz für den legendären Jeep wurde ein kleines, für die geländemäßigen Gegebenheiten Österreichs geeignetes Fahrzeug ins Auge gefaßt.
Dr. Erich LEDWINKA, der Chefingenieur der Steyr-Daimler-Puch AG, schuf gegen Ende der 50er-Jahre ein Geländefahrzeug, welches sich grundsätzlich von allen anderen Fahrzeugen unterschied. Der Boxermotor des von ihm 1955 konstruierten Pkw Puch 500 wurde auf 643 cm³ vergrößert, um für den Haflinger geeignet zu sein. Er wurde später auch im 650T, 700C u. E sowie beim Stabilmotor verwendet.
In Zusammenarbeit mit dem Amt für Wehrtechnik, Abteilung Maschinenwesen, wurde der LKW Puch 700AP (wobei AP für Allrad-Plateau stand) in seinen verschiedenen Variationen , offen, geschlossen, als Waffenträger, als Träger für den Feldkochherd M 58 H entwickelt und getestet. Die letzte Spezialentwicklung war dann der Funk-Haflinger.
Das Rückgrat des Haflinger bildet ein Zentralrohrrahmen, an dessen Enden die Antriebsgehäuse befestigt sind. Daran sind die Pendelhalbachsen angebaut. Die Achsen sind als Portalachsen ausgebildet. Die Federung erfolgt über Schraubenfedern und innen liegenden Gummihohlfedern.
Der Aufbau ist eine Plattform aus profilgepreßtem, stark versickten Stahlblechen und Längsträgern mit rundumlaufender Randverstärkung .
Das Fahrzeug hat vier Vorwärts- und einen Rückwärtsgang, der Vorderradantrieb ist zuschaltbar, außerdem können beide Achsen gesperrt werden. Der 2-Zylinder-Boxermotor leistet aus 643 cm3 Hubraum 22 PS.
Der Prototyp wurde anläßlich der Frankfurter Automobilausstellung erstmals vorgestellt. Im Juni 1958 erschienen die ersten Bilder des Prototyps in der Österreichischen Presse. Im August 1958 kaufte das ÖBH drei Prototypen(von 8) zur Erprobung.
Im September 1959 erfolgte die Präsentation der Serienausführung in der Öffentlichkeit. Eine Vorserie von zehn Stück wurde 1960 vom Österreichischen Bundesheer beschafft und lief damals noch unter der Typenbezeichnung „Puch-Haflinger 600 AP“. Der Haflinger hat sich im Truppengebrauch bewährt und wurde daher in größerer Stückzahl nachbeschafft. Er lief als geländegängiger Lastkraftwagen in der Verwendung als Kommando- und Truppenfahrzeug.
Nach einer Vorserie von 10 Stück wurden am 25. März 1960 die ersten 100 Haflinger vom damaligen Verteidigungsminister GRAF feierlich übernommen.
Bei der Parade am 14. Mai 1960 anläßlich der Feiern „5 Jahre Staatsvertrag“ wurde der Haflinger als Militärfahrzeug erstmals der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Aus dieser Zeit gibt es auch Bilddokumente, aus denen zu ersehen ist, daß dieses kleine Auto auch als „Staatskarosse“ für Staatsgäste – wie dem Schah von Persien oder dem US Verteidigungsminister Thomas S. GATES – verwendet wurde.
Die Deutsche Bundeswehr erprobte 45 Fahrzeuge für die Luftlande- und Gebirgsjäger-Truppe. Es handelte sich dabei um 5 Pritschenversionen und 40 Personentransporter. Zu einer größeren Beschaffung durch die Bundeswehr kam es aber nicht.
1966 kaufte die Australische Armee 50 Haflinger.
Das Bundesheer kauft in Summe 2.918 Stück an.
Die Heeresbezeichnung beim Bundesheer war:
Geländegängiger Lastkraftwagen, B, (Puch Haflinger 700 AP)
Geländegängiger Fernmeldekraftwagen, B, (Funk-Haflinger 700 AP)
Die Kurzbezeichnung lautete:
gl LKW (Haflinger 700 AP)
gl FMKW (Funk-Haflinger 700 AP)
Die Heeresausführung war mit zwei Klappsitzen hinten, mit kurzen Bordwänden, insgesamt 4 Türen (Rohrrahmen mit Planenstoff überzogen) und einer Trennwand zum Fahrerabteil ausgerüstet. Zur Ausstattung gehörten das große Verdeck mit schräger Rückwand, Tarnscheinwerfer, zwei Gewehrhalter für je 2 Sturmgewehre 58, Winkerkelle, Verbandkasten mit Halter, Kartenlicht und Spaten. Eine Besonderheit waren die Reifen. Diese wurden von Semperit speziell für das Fahrzeug konstruiert. Die Konzeption mit einer hohen durchlaufenden Querrippe war genial.
Der Haflinger besticht durch seine außergewöhnliche Geländegängigkeit und Wendigkeit:
Radstand 1.500 mm, Länge 2.830 mm und Wendekreisdurchmesser 8 m.
Um die Transportkapazität zu erweitern wurde ein Einachsanhänger entwickelt und erprobt, letztendlich aber nicht eingeführt.
Der Puch Haflinger 700 AP/2, wie der geländegängige Fernmeldekraftwagen (FMKW), B, hieß, hatte bei der Truppe nur die Kurzbezeichnung Funk-Haflinger . Für diesen Einsatz hatte er neben der normalen 42 Ah-Batterie eine weitere Batterie mit 105 Ah eingebaut. Die Stromversorgung erfolgte über eine vom Nebenantrieb angetriebene Uher-Lichtmaschine. Diese Ausführung hatte neben der Funkausrüstung nur 3 Mann Besatzung. Die Nutzlast war auf 340 kg herabgesetzt.
Großer Funksprechtrupp AN/VRQ -1 [i]
AN/VRQ -2
AN/VRQ -3
AN/VRQ – 1 bis 3
2 S/E RT-66 oder 87 oder 68
2 Stromversorgungen PP-109
1 Bediengerät C-375/VRC
1 Durchschaltgerät C-435/GRC
1 Fernbedienungssatz AN/GRA-6
1 Ortsbediengerät C-434/GRC
1 Fernbediengerät C-433/GRC
2 Stabantenne
Truppstärke 1/1/1
Großer Funksprechtrupp AN/VRC-8 [ii]
AN/VRC-9
AN/VRC-10
AN/VRC- 8 bis 10
1 S/E RT-66 oder 87 oder 68
1 Stromversorgungen PP-109
1 Stabantenne
Truppstärke 1/1/1
Großer Funksprechtrupp AN/GRC-3 [iii]
AN/GRC-5
AN/GRC-7
1 S/E RT-66 oder 87 oder 68
1 S/E RT – 70
1 E R 108 oder R 109 oder R 110
1 Verstärker AM-65
1 Stromversorgungen PP-109
1 Bediengerät C-375/VRC
1 Durchschaltgerät C-435/GRC
1 Fernbedienungssatz AN/GRA-6
1 Ortsbediengerät C-434/GRC
1 Fernbediengerät C-433/GRC
2 Stabantenne
Leichter Richtverbindungstrupp VFF-1-0 [iv]
Hauptbestandteile:
1 Sender-Empfänger SE-2
1 Modulator MX V 641 D
1 Zubehörkoffer MXE 641
1 Antennenausrüstung
2 Maschinensätze MS-1-0
1 Durchschaltgerät DU-1-0
2 Richtverbindungssätze VFF-1 zusammengeschaltet ergeben eine Relaisstelle.
Fahrzeugstände Funkhaflinger beim ÖBH waren:
1965 350
1966 350
1967 350
1968 350
Eine verstärkte Serie „H 2“ war vom Werk geplant, wurde aber zugunsten des Puch G aufgegeben. Dafür wurden bereits 2 Motor-Prototypen entwickelt. Nämlich 1967 der Motortyp 752: Ein Vierzylinder-Boxermotor mit 1300 cm³. 56 PS bei 5500 U/min und 1972 der Motortyp 706: Ein Zweizylinder-Boxermotor mit 750 cm³
38 PS bei 6000 U/min und Ritzelstarter.
Die Produktion des Puch Haflingers, die zur Gänze im Werk Graz Thondorf der Steyr-Daimler-Puch AG stattfand, wurde nach 16.647 gebauten Exemplaren 1974 eingestellt. Mehr als 80 Prozent der Produktion wurde exportiert.
Der Preis des Fahrzeuges in der Grundausführung betrug:
1963 öS 42.250,–
1965 öS 55.150,–
1968 öS 61.880,–
1973 öS 81.954,-
Neben dem Österreichischen Bundesheer wurde er bei der Schweizer ( 4535 Stück) und der Jugoslawischen Armee in größerer Zahl, aber auch von der Armeen Australiens (50), Italiens, Nigeria, Schweden und Indonesien (1000) eingesetzt. Das ÖBH schaffte Haflinger nur von 1959-1964 an, während die Schweizer Armee während der gesamten Bauzeit zukaufte.
Heute ist der Haflinger ein begehrtes Sammlerobjekt. Sowohl in Österreich als auch im Ausland gibt es eine ganze Reihe von Sammlern, die sich diesem kleinen geländegängigen Fahrzeug widmen. So existiert zum Beispiel in Großbritannien der Haflinger 4wheel Drive Club mit über 30 Mitgliedern.
Techn. Daten der ÖBH-Ausführung.
MOTOR: Zweizyl. Viertakt-Boxermotor, luftgekühlt
Hubraum: 643 ccm
Leistung: 22 PS bei 4500 U/min (FMKW: 24 PS) Elektrische Anlage: Batteriezündung, Batterie 12 V/42 Ah
Zündkerzen Bosch W 225 T1
KUPPLUNG: Einscheiben Trockenkupplung
GETRIEBE: vier Vorwärtsgänge (sperrsynchronisiert),
ein Rückwärtsgang
RÄDER UND REIFEN: Scheibenräder mit Felgen 3,50 x 12
Reifen 145-12
Luftdruck vorn u. hinten: 1,4 – 1,6 atü
HAUPTABMESSUNGEN: FMKW
Radstand: 1500 mm
Spurweite: 1130 mm
Länge: 2830 mm 2845 mm
Breite: 1400 mm
Höhe m. Plane: 1740 mm 1820 mm
Wattiefe: 350 mm
für kurze Fahrten: 500 mm
Wendekreisradius: 3,95 m
Bodenfreiheit: 240 mm
Überhangwinkel vorn 45 °
hinten 40 °
GEWICHTE:
Eigengewicht: 610 kg 820 kg
Nutzlast: 400 kg 340 kg
Gesamtgewicht: 1010 kg 1160 kg
FAHRLEISTUNGEN:
Höchstgeschwindigkeit: 58 km/h
Kleinste Dauergeschw.: 3,3 km/h
Größte Steigfähigkeit: 58 %
Fahrbereich: 250 km 275 km
Reifen 145 – 12
Semperit Type: M
Muster: M 149C
Vers. Nr. 2610-0-998-9976
Quellen:
Typenblatt B01
Typenblatt B02
Fermeldetypenblatt B5
B6
C5
Bestandteillisten Teil I Okt 1968 7610-50012-01-1068
Teil II Okt 1968 7610-50012-02-1068
Ersatzteilkatalog August 1961
Juni 1967
1970
Reparaturanleitung Haflinger 700AP
Ergänzung Reparaturanleitung Haflinger 700AP
Zusatz-Ersatzteilkatalog Funkhaflinger Feber 1964 7610-50083-0264
Beschreibung und Bedienungsanleitung in mind. 6 Auflagen
Zusatz -Beschreibung und Bedienungsanleitung Funkhaflinger
Technische Mitteilungen KD/
Unterrichtsbehelf
glLKW (Haflinger 700AP
gl FMKW (Funk-Haflinger 700 AP) SK 62911/27-1
TR 2540/5-2 Techn. Reparaturanweisung für Standheizungs- u. Belüftungsgeräte
AN 1938 Puch Automobile, S202ff
AN 1130 Kraftfahrzeuge und Panzer des Österr. Heeres, S 289ff
AN 1185 Die Räderfahrzeuge des österr. Bundesheeres S188ff
Artikel in Markt 11/90 Seite 195
Bofors rPak TD 4/63 S 301
PAL TD 3/64 S 204
TelAnh. TD 4/64 S 319
BANTAM TD 5/64 S 432
Unser Heer 300 Jahre S 512
Zusammengestellt von
Dr. Josef NEMETH
Esterhazystraße 36
A 7000 Eisenstadt
nemeth-josef@bkf.at
im Jänner 2011,
Überarbeitet und mit weiteren Fotos ergänzt im April 2020.
Quellen:
[i] FM Typenblatt B 5
[ii] FM Typenblatt B 6
[iii] Dienst im Bundesheer S 431
[iv] FM Typenblatt C5